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Gedanken aus dem Pfarrbüro Sommer 2020

2. Juni 2020

Liebe Leserin, lieber Leser,
die letzten Wochen waren für uns alle nicht einfach. Unser Leben wurde in manchen Bereichen stark eingeschränkt. Dinge, die wir normalerweise tun, waren (und sind) im Moment nicht möglich.

In den Telefongesprächen, einzelnen kurzen Begegnungen und auch den Texten für den Gemeindebrief, da taucht immer wieder ein Punkt auf: die Gemeinschaft, die Begegnungen, der Austausch wird vermisst. Die Gottesdienst-Aufnahmen geben zwar klar ein Gefühl des Miteinanders, können aber die Begegnungen nicht ersetzen. Telefongespräch helfen, sind aber nicht dasselbe. Auf einmal wird uns bewusst, wieviel auch nur ein einfacher, kurzer Händedruck ausmacht.

Da fällt mir der Jünger Thomas ein. Er, der auch «der Ungläubige» genannt wird, weil er das Wunder gar nicht recht fassen konnte und sich vergewissern wollte, dass Jesus tatsächlich auferstanden ist – zu Unrecht trägt er diesen Beinamen, finde ich. Mancher Dinge möchten wir uns versichern, möchten sie nicht nur sehen oder hören, sondern auch ertasten, fühlen.

Auch die Frauen und Männer fallen mir ein, die sich nach der Himmelfahrt Jesu in einem Obergemach in Jerusalem einfinden. Jesus Christus, der auferstandene Sohn Gottes, hat sie verlassen. Immerhin hatten sie noch einander und konnten so Gemeinschaft teilen. «Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern» lesen wir im ersten Kapitel der Apostelgeschichte. Verlassen von Jesus, der nicht nur ihr Lehrer und Messias war oder ist, sondern auch Freund, Sohn, Wegbegleiter. Verlassen und trotzdem nicht allein – gemeinsam einsam?

In einer seiner Abschiedsreden (Joh. 14,15-21) kündigt Jesus seinen Jüngern an, dass es nur noch kurze Zeit dauert, «dann sieht die Welt mich nicht mehr». Es ist ja schön, dass Jesus dies hier ankündigt aber was bringt das für die Zeit der Trennung?

Im gleichen Abschnitt lesen wir: «Und der Vater wird euch an meiner Stelle einen anderen Helfer geben, der für immer bei euch sein wird; ich werde ihn darum bitten… er bleibt bei euch und wird in euch sein… ihr werdet erkennen, dass ich in meinem Vater bin und dass ihr in mir seid und ich in euch bin.»

Eine schöne Vorstellung, in der ganzen Verlassenheit doch nicht alleine zu sein! Das ist es auch, was einige von euch in Rückmeldung zu den Gottesdienst-Aufnahmen schreiben: ja, wir vermissen die Gemeinschaft und fühlen uns manchmal allein. Und doch spüren wir die Verbundenheit beim hören und persönlichen Feiern der Gottesdienste zu Hause. Ob das den Jüngern wohl auch so ging?

In der Ankündigung Jesu, dass er die Menschen nicht als hilflose Waisen zurücklassen wird, liegt eine Menge Lebenskraft. Sie zeigt sich bei der Betrachtung des Textes. Da ist ein ständiges auf und ab, ein Wechsel zwischen Erde und Himmel, Gott und Mensch. Die Welt; der Geist, den Gott schickt; ihr hier unten auf Erden; «ich» da oben beim Vater; «ich» wieder da unten.

Dieses auf und ab, die Verbundenheit durch den Heiligen Geist, die Gemeinschaft trotz Verlassenheit – das kommt mir vor, wie ein dicht gewobener Teppich. Die Fäden sind miteinander verbunden, halten einander, lassen nicht los.

Der Glaube, der Tröster, Jesu Liebe zu uns, unsere Liebe zu Gott, unser Leben in der Welt, alles ist miteinander verwoben. Das eine gibt es nicht ohne das andere, könnte Jesu Zusage hier bedeuten. Wer sich auf Gott einlässt, der bekommt einen dicht gewebten Teppich aus ganz unterschiedlichen Lebenserfahrungen, in den Gott so eingewebt ist, dass Leben ohne ihn gar nicht geht.

An dieser Verbundenheit, ja der Verwobenheit Gottes in unserem eigenem Leben, können wir festhalten. An dieser ändern weder Krankheit, noch Trauer, noch Tod, noch eine Gottesdienstfreie Zeit etwas, sie bleibt bestehen. Sie hat einen Einfluss auf unser Leben, unser Unterwegssein in der Welt und mit den Mitmenschen, unsere Gemeinschaft trotz Trennung. Daran dürfen wir uns immer wieder erinnern, während wir auf ein gemeinsames gottesdienstliches Feiern hoffen, warten, uns mit Telefonanrufen, Briefen, Karten und Gottesdienst-Aufzeichnungen trösten und uns auf ein Wiedersehen freuen!

Herzliche Grüsse und Gottes Segen

Markus Allenbach